TSV Roßtal III vs HBC Nürnberg II 28:29 (15:13)
Was sich am vergangenen Samstag zwischen dem HBC II und dem TSV Roßtal III abspielte kam einem Thriller ziemlich nahe und war an Spannung nicht zu überbieten. Aber zunächst zu den Hauptdarstellern. Auf der einen Seite war da der HBC, welcher seit mehreren Spielen ungeschlagen war und sich mittlerweile auf die oberen Tabellenränge vorgeschoben hatte. Auf der anderen Seite stand der TSV Roßtal, der eine Saison mit Höhen und Tiefen erlebt und das erste Aufeinandertreffen mit den Nürnbergern hoch verloren hatte.
Die Rollen waren also eigentlich klar verteilt. So verwunderte es wohl niemanden, dass die Mannschaft von Trainer Dereli über acht Minuten ohne Gegentor blieb und sich eine 0:3 Führung erarbeiten konnte, wobei einige gute Gelegenheiten noch fahrlässig liegengelassen wurden. Roßtal jedoch wollte nicht wieder so ein Debakel wie in der Hinrunde erleben und steigerte sich von Minute zu Minute.
Die Gäste hingegen verloren vor allem in der Defensive vollkommen den Faden. Gegenspieler wurden nicht mehr richtig angegangen und es wurde sich nicht mehr gegenseitig geholfen. Dafür wurden den Roßtalern derart große Lücken erlaubt, sodass diese nur noch locker einnetzen mussten. Auch im Angriff sah es nicht viel besser aus. Hier fehlte an diesem Tag mit Dereli zwar der etatmäßige Spielmacher, dennoch kann das statische und unkreative Spiel der Nürnberger nicht allein auf diese Tatsache zurückgeführt werden. Erspielte man sich dann doch mal gute Gelegenheiten, so blieben diese viel zu oft ungenutzt.
Die Hauptrequisite, der Ball, mag hierbei auch seinen Beitrag geleistet haben, denn dieser stammte offenbar aus der Fundkiste des örtlichen Hausmeisters und war nicht wirklich ein passables Spielgerät. Nichtsdestotrotz hätte man auf Seiten des HBC auch merken können, dass man mit dieser Kugel lieber flach als hoch hätte werfen sollen. All diese Umstände, sowie eine mitunter unmotivierte Einstellung führten schließlich zu einem verdienten 15:13 Rückstand aus Sicht der Gäste zur Pause. Trainer Dereli machte seinen Männern in der Kabine klare Ansagen, die allerdings zu Beginn des zweiten Spielabschnitts schlicht nicht umgesetzt wurden.
Bis zur 52. Minute gelang es den Gastgebern sogar bis auf fünf Tore davonzuziehen. Hauptgrund waren weiterhin die schwache Abwehr und der ideenlose Angriff der Gastmannschaft. Eigentlich war die Messe zu diesem Zeitpunkt gelesen. Dann jedoch ging ein Ruck durch die Mannschaft des HBC. Plötzlich stimmte die Abwehrarbeit und endlich wurden die richtigen Entscheidungen getroffen. Vor allem Rimmele nahm sich immer wieder ein Herz und erzielte mehrere einfache Treffer aus dem Rückraum. Auch Weltzien, der mit fünf Treffern sein statistisch bestes Saisonspiel ablieferte und Schlosser trafen nun nahezu nach Belieben.
In der 57. Minute gelang Bittner der ersehnte Anschlusstreffer. Die letzten zweieinhalb Minuten waren dann vogelwild. Zunächst drängten sich die beiden Nebendarsteller in den hellblauen Shirts in den Vordergrund. Nach einem Foul des HBC nahm sich der Roßtaler Rößl den Ball. Statt diesen aber zu einem seiner Mitspieler zu geben, die wohlgemerkt den Neunmeter noch nicht verlassen hatten und damit den Freiwurf regelkonform auszuführen, lief er einfach in Richtung des gegnerischen Tores los und erzielte nach gefühlt 20 Schritten das 28:26 für Roßtal. Die Schiedsrichter, eben jene Nebendarsteller, welche ihre Chance auf den Oscar wohl gekommen sahen, gaben nicht nur das Tor, sondern stellten Schlosser sogar noch für zwei Minuten vom Feld.
Nun glaubten wohl nur noch die kühnsten Optimisten an einen Nürnberger Punktgewinn. Wiederum war es der schnelle Weltzien, dem der erneute Anschlusstreffer gelang. Roßtal spielte im folgenden Angriff lange und geduldig, ehe wiederum Rößl völlig frei zum Abschluss kam. Dieses Mal aber am Keeper des HBC scheiterte. Die Gäste machten den Ball schnell und so gelang Bittner achtzehn Sekunden vor Schluss der Ausgleich zum 28:28. Roßtal hatte somit die Möglichkeit, den letzten Akt dieses Dramas zu schreiben, schmiss aber beim Anwurf den Ball wiederum in Bittners Hände, welcher auf das Roßtaler Tor durchstarten wollte, dabei jedoch ins Straucheln geriet und den Ball mit letzter Kraft auf Öhring weiterspielte. Dieser fand den völlig freistehenden Scherbaum, der den Wandel von Hero zu zero und wieder zurück binnen von circa 6 Sekunden vollzog. Zunächst warf er völlig freistehend dem Roßtaler Schlussmann auf den Kopf, von wo aus der Ball ins Seitenaus flog.
Nun überschlugen sich die Ereignisse vollkommen. Scherbaum sprintete zur Außenlinie, während Roßtals Schlussmann wieder auf die Beine kam, sich aber nicht mehr in sein Tor begab, was es Scherbaum erlaubte eine Sekunde vor Spielende den Ball per Einwurf ins Tor zu bugsieren. Roßtal protestierte, der HBC feierte und die Schiedsrichter brauchten kurz, um sich zu einigen, ob das Tor nun gewertet werden sollte oder nicht. Am Ende wurde das regelkonforme Tor gegeben und der HBC hatte seinen wohl glücklichsten Saisonsieg in der Tasche.
Die eigene Leistung muss dennoch kritisch hinterfragt werden. Sicherlich hatte man in diesem Blockbuster phasenweise aufopferungsvoll gekämpft und nach einigen plot twists das glücklichere Ende für sich, dennoch wartet eine Menge Arbeit auf Trainer und Mannschaft, bevor man es am kommenden Sonntag in heimischer Halle mit Feuchtwangen zu tun bekommt.
Es spielten:
Tattermusch (TW), Bittner (3), Öhring, Weltzien (5), Rimmele (4), Guillaume (2), Speck (1), Scherbaum (7/4), Schlosser (6), Bühler, Faltermeier, Köhler