HBC-Mädels zeigen den Wildkatzen lange ihre Krallen

HBC-Mädels zeigen den Wildkatzen lange ihre Krallen

wA-Jugend BayernligaHSG Würm-Mitte – HBC Nürnberg 28:26  (11:11)

Den Sonntag kann mensch auch erfreulicher verbringen, als sich so eine zünftige bayerische Watschn in Gräfelfing beim Jugendbundesliga-Team der HSG Würm-Mitte abzuholen. Solche Gedanken rasten uns auf der Fahrt in den Süden durch den Kopf. Auch wenn die Oberbayerinnen nicht vollzählig auf ihren Kern-Kader zurückgreifen konnten, beim HBC fehlten mit Vanessa und Doro zwei feste Stützen unserer Mannschaft. Und so reisten unsere Mädels nur zu elft als krasser Außenseiter an. Getreu dem Motto: Du hast keine Chance, nutze sie!

Die Spielerinnen der HSG Würm-Mitte werden oft als Young Wildcats bezeichnet. Um im Bilde zu bleiben: vor wem fürchten sich Wildkatzen in der Natur? Vor dem Luchs (Lynx Lynx), der mit seinen phänomenal guten Augen und Ohren Situationen früher erfasst als andere und seine Beute schon im Blick hat, bevor diese auch nur ansatzweise begreift, was mit ihr geschieht.

So ganz konnte nämlich der Favorit aus dem Würmtal auch nicht begreifen, wie ihm geschah – standen doch da auf der Platte von der ersten Minute an hellwache Mädels aus dem Frankenland. 

Beide Teams drückten aufs Tempo – fast and furious – doch hier wie dort kam nicht immer der Ball da an, wo er hin sollte. Würm-Mitte führte 1:0, Hanna glich aus, dann legten die Hausherrinnen das 2:1 vor. Und wir hatten Pech: Celine ließ der Torhüterin keine Chance, doch der Ball sprang gegen den Innenpfosten und von da wieder zurück ins Feld. Würm-Mitte warf das 3:1. Wenn in unserer Abwehr eine kleine Lücke aufklaffte, zogen die pfeilschnellen Wildkatzen mit voller Wucht unaufhaltbar aufs Tor. Hier blitzte die spezielle Klasse dieser Jugendbundesliga-Truppe auf. War es das also schon mit der Nürnberger Herrlichkeit? Falsch gedacht – Ronja und Lena brachten den HBC wieder auf 2:3, 3:4 und 4:5 heran. Jasmin konnte einen Wurf der Münchner Vorstädterinnen entschärfen, und Anne glich in der 9. Minute zum viel umjubelten 5:5 aus. Und weil´s so schön war, schenkte Anne den Gastgeberinnen gleich noch die 6:5 – Führung in der 11. Minute ein. Jetzt aber fuhren die HSG´ler quasi wie Raubkatzen so richtig ihre Tatzen aus und legten zwischen der 12. Und der 20. Minute eine 4-Tore-Serie zu ihrer 9:6 – Führung hin, dass unseren Luchsen Hören und Sehen verging. Das Einzige, was der HBC vorweisen konnte, war ein Pfostenknaller von Ronja. 

Unsere Young Ladies hingen scheinbar wie angeknockte Boxer in den Seilen, doch ein K.O. kam für sie nicht in Frage. Nach dem René Weller-Motto: „Wo ich bin, ist oben, und wenn ich unten bin, dann ist unten oben“ rappelten sich unsere Mädels wieder auf und näherten sich durch die wieder gut aufgelegten Hanna und Anne auf 8:9 und 9:10 an. Und plötzlich war wieder alles offen. Und mit Celine hatten wir eine sichere Siebenmeterschützin in unseren Reihen, die zum 10:10 ausglich, dem Luna von außen mit einem Wurf ins lange Eck die erneute HBC-Führung zum 11:10 folgen ließ. Die HSG Würm-Mitte holte zur Pause gerade noch das 11:11 – Unentschieden.

Erstaunlich, was unsere elf Mädels da in den ersten dreißig Minuten abgeliefert hatten. Sie verteidigten zäh und bissig, blieben im Spielaufbau ruhig und ließen sich selten von der körperbetonten Abwehrarbeit der HSG aus dem Rhythmus bringen. Um jeden Ball wurde gekämpft, und immer wieder Nadelstiche gesetzt, die den Favoriten nicht zu seinem gewohnten Spiel kommen ließen. Die Laufleistung der HBC´lerinnen war enorm, auch gelegentliche Probleme mit dem geharzten Ball störten sie wenig, und jede Nürnberger Spielerin, ob mit oder ohne Torerfolg, hatte einen wirklich guten Tag und gab alles.

Aber würde die Kraft für die zweite Hälfte reichen? Zuerst sah es ganz gut aus – wir führten 12:11 und 13:12. Doch zwischen der 34. Und der 36. Minute knickten unsere Jugendlichen kurzzeitig ein, mehrfach unterliefen uns Fehlpässe, drei der vier Tore zur 16:13 – Führung der Würmtalerinnen resultierten in dieser Phase aus Tempogegenstößen. 

Aber wieder bewiesen unsere Mädels Nehmerqualitäten. Sie bissen die Zähne zusammen und kämpften sich erneut bis zur 39. Minute auf 16:17 heran. Als der Ausgleich zum Greifen nahe schien, kassierten sie zwar wieder Gegentore zum 17:20. Aber der Begriff „Aufgeben“ existierte nicht im Wortschatz der HBC-Jungdamen, auch nicht, als sie in der 51. Minute beim 20:24 erstmals in dieser Partie mit vier Toren in Rückstand geraten waren. Wie Phönix aus der Asche stieg dieses unkaputtbare Team immer wieder empor. Unglaublich, phantastisch, diese Moral !

Die Kräfte schwanden freilich mit jeder Minute gewaltig, die elf Mädels hatten alles gegeben und krochen schon auf dem Zahnfleisch, aber sie ließen nicht locker wie Luchse, die sich trotz blutiger Nase in der Wildkatze festbeißen. In der 53. Minute erzielten unsere HBC´lerinnen das 23:25, in der 54. Minute das 24:26 und dann – nach Fehlpässen auf beiden Seiten – in der 56. Minute das 26:26. Jetzt war alles drin, Würm-Mitte schwankte. 

Unglücklicherweise konnten unsere HBC-Mädels vom Kreis nicht die Führung erzielen, und im Gegenzug machten die Gastgeberinnen das 27:26 und 28:26.

Der Sieg für die HSG Würm-Mitte geht in Ordnung, auch wenn mehr für den HBC-Nachwuchs möglich war. Ein Unentschieden wäre gerecht, mit etwas Glück sogar ein Sieg drin gewesen. Was aber unsere Mädels gegen diesen starken Gegner leisteten, war sensationell gut.

Es klingt paradox, ist aber wahr: Diese Niederlage fühlt sich wie ein Sieg an. Es war definitiv die beste Saisonleistung, die Mannschaft lebte als Team, als Kollektiv, eine für alle, alle für eine, sie schonten sich nicht, holten die letzten Reserven heraus, gingen über die Schmerzgrenze hinaus und spielten auch noch schönen Handball.

Nach den coronabedingten Tiefen zu Beginn der Saison zeigt sich jetzt ganz deutlich die Handschrift unseres akribisch arbeitenden Trainer-Teams Alex, Claus und Doris: die Mädels versprühen Lust , feiern ihren Sport auf der Platte, und diese Freude zieht alle in den Bann. Endlich mal ein (Handball-) Virus, von dem sich jeder gerne und ohne Bedenken anstecken lassen kann.

Für den HBC spielten:

Jasmin – Ronja (8), Marika, Anne (6), Lena (3), Sophia, Celine (3/2), Luna (1), Aileen, Johanna, Hanna (5)

Teamverantwortliche: Alex, Claus, Doris,