Stefan Mittag – ein bekannter Name im mittelfränkischen Handballraum. Mittag ist 47 Jahre alt und Vater von drei Kindern, doch auch faszinierend ist sein sportlicher Werdegang. Mit ihm konnte der HBC Nürnberg einen richtigen Hochkaräter für die Spielgemeinschaft gewinnen. Stefan Mittag war mit 23 Jahren bereits Trainer beim TV Eibach 03. Danach führte ihn sein Weg über einige andere Stationen 2007 zum HC Erlangen. Von 2007 bis 2019 arbeitete Mittag für den jetzigen einzigen bayerischen Bundesligisten als Co-Trainer, führte die Mannschaft an der Seite von Frank Bergemann aus der 3. Liga in die stärkste Liga der Welt. 2019 wurde sein Vertrag erstmalig nicht verlängert, jedoch ging Stefan Mittag damals ohne Groll. Im Sommer 2019 erzählte er noch im Interview, dass er nun erst einmal seine Freizeit genießen würde, was er seiner Meinung nach auch getan hat. Nach einigen Monaten der Handball Abstinenz steht er nun wieder an der Seitenlinie. Seit Januar 2020 betreut er die ambitionierte BOL Männermannschaft des HBC und kann schon jetzt einige positive Veränderungen erkennen.
HBC: Hallo Stefan, direkt als erste Frage um das Eis zu brechen, wie ist es den eigenen Sohn zu trainieren?
Stefan Mittag: Ich habe jahrelang versucht Maximilian in seinem Werdegang zu unterstützen, mich dabei aber nicht zu viel einzumischen. Letztendlich war er aber derjenige, der mich nach meinem Ende beim HC Erlangen nahezu täglich dazu aufforderte, beim HBC mit einzusteigen. Außerdem wollte ich Maximilian wieder etwas zurückgeben, nachdem ich jahrelang fast jedes Wochenende quer in Deutschland unterwegs gewesen bin.
HBC: Seit Anfang Januar 2020 trainierst du die erste Männermannschaft des HBC. Wie läuft es, welche Fortschritte siehst du bereits?
Stefan Mittag: Mich hat es motiviert, diese Mannschaft zu übernehmen, da ich in ihr ein großes Potenzial sehe. Natürlich habe ich viele Ideen im Kopf, muss mich aber auch bremsen, nicht gleich alle in den Topf zu werfen. Ich sehe bereits große Fortschritte in unserem Abwehrspiel. Die Anzahl der Gegentore hat deutlich abgenommen und wir kommen immer mehr in ein effizientes Umschaltspiel. Ebenso schaffen wir es im Angriff mehr geduldiger auf den Punkt zu spielen, um so klare Torchancen zu kreieren.
HBC: Wo siehst du euch am Ende der Saison?
Stefan Mittag: Zuerst einmal schauen wir nur auf uns. Es ist für mich wichtig, dass wir uns Schritt für Schritt weiterentwickeln und unsere Spielidee immer tiefer verfestigen. Selbstverständlich möchten wir auch jedes Spiel gewinnen. Wir, das heißt der HBC, sind uns einig, dass wir die Rückrunde als Vorbereitung für die kommende Saison sehen. Und was immer im Vordergrund steht, ist Spaß. Spaß am Handball ist unserer aller Leidenschaft.
HBC: Wie lief der Trainerwechsel ab, wie arbeitet ihr Stefans zusammen?
Stefan Mittag: Nachdem bekannt geworden ist, dass meine Zusammenarbeit mit dem HC Erlangen Ende Juni endet, haben sich viele Vereine bei mir gemeldet, um mich für eine Zusammenarbeit zu gewinnen. Einer der ersten Vereine war der HBC. Björn Weltzien hat sich sehr schnell auf einen Kaffee mit mir getroffen und mir die Vorzüge des HBC erklärt. Viele weitere Treffen, dann in größerer Runde auch mit Sebastian Gerner folgten. Letztendlich war Basti einen Sonntag sechs Stunden bei mir zu Hause, um mich vollends für das Projekt HBC zu überzeugen. Was ihm letztendlich ja auch gelungen ist. Björn und Stefan haben die Mannschaft toll entwickelt und ich habe eine intakte Mannschaft übernommen. Stefan unterstützt mich in jedem Training und bei den Spielen tauschen wir uns regelmäßig aus. Vier Augen sehen einfach mehr als Zwei. Ich habe ja als Zuschauer viele Spiele des HBC gesehen und konnte mir so schon im Vorfeld viele Gedanken machen.
HBC: Nach dem HCE der HBC wie kam es dazu? Wie konnte der HBC dich gewinnen?
Stefan Mittag: Das Konzept des HBC hat mich überzeugt und ich sehe darin sehr viel Potenzial. Der Zusammenschluss der beiden Vereine, Post SV und dem TV Eibach 03, macht sehr viel Sinn und ist zukunftsweisend. Eine hervorragende Jugendarbeit mit hoch qualifizierten Trainern ist unser einmaliges Fundament, auf dem wir aufbauen können. Doch es wäre falsch sich darauf auszuruhen. Wir wollen viele Kinder für unsere tolle Sportart Handball gewinnen. Die Faszination dieser Sportart besteht nicht aus Tore werfen und Abwehr zu spielen, sondern auch aus einem großen Teamgeist. Nur gemeinsam kann man Spaß haben und erfolgreich sein. Im Erwachsenenbereich muss man nur einmal auf die Handball-Landkarte bei den Männern schauen, um festzustellen, dass in vielen Städten wie München, Augsburg, Würzburg oder Regensburg mindestens ein Landesligist vertreten ist. Nürnberg sucht man vergebens auf dieser Karte. Das wollen wir ändern. Im Damenbereich finden wir eine Mannschaft vor, die mit viel Engagement und Talent das Potential hat, um in die Bayernliga aufzusteigen.
HBC: Neben dem Trainerjob, bist du auch Sportlicher Leiter des HBCs. Was sind deine Aufgaben? Wo siehst du Potenzial beim HBC, und das langfristige Ziel des HBCs?
Stefan Mittag: Ich möchte gerne im Team einen roten Faden für den HBC entwickeln, an dem sich alle von den Minis bis zum Seniorenbereich festhalten können. Außerdem würde ich gerne meine Erfahrung an alle Trainer des HBC in internen Workshops weitergeben und ihnen mit Rat und Tat bei Fragen zur Seite stehen. Wir sind mit dem HBC erst am Anfang einer langen Reise. Ich glaube, vielen ist es noch gar nicht bewusst, wie viel Potenzial in diesem Projekt HBC steckt. Langfristig möchten wir, von den Minis bis zu den Senioren, den HBC als Nummer eins im Handball in Nürnberg etablieren.
HBC: Aktuell stehen die Post SV DAMEN 1 ziemlich gut in der Landesliga da, auch die weibliche Jugend des TV Eibach 03 ist erfolgreich unterwegs. Welche Herausforderungen warten hier mit der Angliederung der weiblichen Mannschaften an den HBC?
Stefan Mittag: Die Angliederung der weiblichen Mannschaften an den HBC ist eine logische Konsequenz, die den HBC erst komplett macht. Bereits jetzt arbeiten wir schon sehr eng zusammen. Der Zusammenhalt des weiblichen und männlichen Bereichs ist eine der großen Stärken des HBC, auf den wir zu Recht sehr stolz sein können.
HBC: Zum Abschluss, wenn man dich googlet, findet man dich nach einiger Zeit auch im Archiv des TV03. Schließt sich hier ein Kreis für dich, quasi BACK TO THE ROOTS? Oder ist das eher ein Zufall?
Stefan Mittag: Um ehrlich zu sein, ja es schließt sich für mich ein Kreis. Hätte mir damals Harald Heimbucher als Abteilungsleiter des TV Eibach 03 nicht die Chance gegeben, die erste Männermannschaft zu übernehmen, wer weiß, wohin mein Weg dann gegangen wäre. Dafür bin ich ihm sehr dankbar und gebe dem Projekt HBC gerne etwas zurück.
HBC: Jetzt einmal weg vom HBC. Was bist du außerhalb der Halle für ein Mensch?
Stefan Mittag: Außerhalb der Halle bin ich sehr gerne Familienmensch und fasziniert vom Sport mit allen seinen Facetten.
HBC: Mit was verdienst du deine Brötchen?
Stefan Mittag: Ich bin bei der adidas AG im Health & Fitness Team tätig und kümmere mich aktuell um unser Corporate GYM.
HBC: Wie kamst du eigentlich zum Handball?
Stefan Mittag: Ich bin selber durch einen handballverrückten Lehrer, Enno Koch, in der fünften Klasse am Sigmund-Schuckert-Gymnasium zum Handball gekommen.
HBC: Wie steht deine Frau zu der neuen Aufgabe? Und was sagen deine Töchter dazu? Einen neuen Edel Fan hat der HBC ja schon.
Stefan Mittag: Meine Frau kennt mich nur mit Handball. Ich denke, sie ist nach dem halben Jahr Handballpause froh, dass ich nicht mehr jeden Abend zu Hause bin (lacht), sondern wieder ins Training und zu den Spielen fahre. Paulina und Valentina unterstützen uns gerne bei den Spielen. Richtig, der HBC hat neue Fans gewonnen.
HBC: Vielen Dank für deine Zeit, Stefan.
Stefan Mittag: Gerne doch.
Interview: HBC Nürnberg März 2020